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WTsch- Regierungsverbindungen
- aus der Sicht eines Nachrichtenoffiziers der NVA -
Weder Tschekist, noch Wtschist, aber Realist. Ein wenig Einsicht, Durchblick und Sachverstand, schon sind manche Ungereimt-
heiten aus dem Wege gebannt. Ein „Regierungs- WTsch- Netz” (auch als “Netz geheimer Regierungsverbindungen” bezeichnet)
war in der DDR präsent, sein Aufbau nach der politischen Wende wird diskutiert und vehement.
Geschichte:
Die „Междугородная правительственная связь“, die gedeckte Kommunikation zwischen den Städten der UdSSR (in der alten Literatur der UdSSR als "ВЧ связь" be-
zeichnet) war in den 30er Jahren als operative Nachrichtenverbindungen der Organe der Staatssicherheit organisiert worden. Im Mai 1941 hat der Rat der Volkskom-
missare der UdSSR (Совнаркома) beschlossen, anstelle „Междугородная правительственная связь“, die Bezeichnung "Правительственная ВЧ связь" / Regie-
rungs- WTsch- Verbindung einzuführen. Der Begriff „ВЧ связь“ wurde eingeführt in Übereinstimmung mit den hohen Sicherheitsstandarts des EACC (Einheitliches au-
tomatisiertes Nachrichtensystem) der UdSSR bei der Schaffung von Sekundärnetzen. Quelle: Wikipedia
Schlussfolgerung:
Die wörtliche Übersetzung von „ВЧ = высокая частота” (hohe Frequenz, Hochfrequenz, hochfrequent) ist korrekt. Doch für die Bezeichnung “Regierungs- WTsch- Ver-
bindung” ist richtiger die typisch russische Wortverbindung “вторичные сети связй”, übersetzt in zweitrangige Netze, überlagernde Netze, Sekundärnetze, zutreffend. In
Russland wurde und wird zwischen “пер-вичные и вторичные сети связй”, erstrangige Netze, Grundnetze, Primärnetze und zweitrangige Netze, Sekundärnetze, un-
terschieden. Mit dem Einsatz von Hochfrequenztechnik in dem Sekundärnetz “Regierungs-WTsch- Verbindungen”, wird ein hoher Sicherheitsstandart erreicht.
Versuch einer Definition:
Das Netz der “Regierungs- WTsch- Verbindungen“ stellte die Gesamtheit aller in staatlichen und eigenen Fernmeldekabeln (Sonderkabeln) , Richtfunk- und anderen
Übertragungssystemen, genutzter Leitungen (Stromwege) und Nachrichtenkanäle dar, die über Schalt- und Verteilereinrichtungen, Geheimhaltungsapparaturen auf
Vermittlungssysteme aufgeschaltet, flächendeckend das Territorium der DDR erfassten, unabhängig von anderen Netzen arbeitete, vom Ministerium für Staatssicher-
heit (MfS) geplant, errichtet, betrieben und unterhalten und von Regierungs-, Partei- und militärischen Dienststellen zur gedeckten Kommunikation genutzt wurde.
Versuch einer Erklärung:
Wie alle Bedarfsträger in der DDR (z.B. die Wismut, Nationale Volksarmee, Ministerium des Innern, Zivilverteidigung, usw.) hat das MfS Mietleitungen der Deutschen
Post (auch Leitungen in eigenen Fernmeldekabeln), genutzt. Die Leitungen konnten NF- Kanäle, unterschiedliche Grundleitungen für Trägerfrequenz- oder Wechsel-
stromtelegrafie, Leitungen für Rundfunkübertragung o.ä. sein. Ihre Zusammenschaltung bildete ein flächendeckendes Netz über Städte, Bezirke und Kreise, in dem
weder Klartext gesprochen noch in anderer Form Informationen offen übertragen wurden.
Das Netz arbeitete unabhängig von anderen Netzen, wie auch das „Integrierte Stabsnetz der Partei- und Staatsführung und der bewaffneten Organe“, das Not- und
Havarienetz der NVA oder andere Netze. Genannte Netze gehörten in die Kategorie der Sekundärnetze, nutzten das Fernmeldekabelnetz (Kabelarten: Fernkabel,
Hauptamts-, Knotenamts-, Amts-, Netz-, Ortskabel, oder, usw.) der Deutschen Post und eigene Kabelnetze als Primärnetze. Die Kabel der Primärnetze wurden in der
Regel mit pneumatischen Überwachungseinrichtungen gesichert. Sonderkabel der Bedarfsträger unterlagen nicht selten dem Trassenschutz der Deutschen Post und
verfügten über die gleichen Standards.
Unter diesem Gesichtspunkt gesehen ist die Bezeichnung „Fernkabelnetz“ für „Regierungs- WTsch- Verbindungen” falsch und unzulässig. Gelegentlich aber so zu lesen.
Die Bezeichnung „Fernkabel“ entsprach einer definierten Netzebene im Grundnetz des staatlichen Nachrichtenwesens der DDR. Über sie waren z.B. alle Hauptämter
der Deutschen Post verbunden. Das Netz der ”Regierungs- WTsch- Verbindungen” war ein Sekundärnetz, betrieben unter Nutzung von Leitungen (Strom-wegen, auch
Adernpaaren) innerhalb der Fernkabel und anderer o.a. Kabelarten. Die Leitungen in den Kabeln der Deutschen Post, als Mietleitungen bezeichnet, wurden nach
zeitlicher Nutzung unterschieden, in Dauer- und Zeitleitungen. Damit verbunden war eine sich ständig ändernde Ausdehnung des Netzes. Zeitleitungen wurden z.B. zur
Durchführung von Protokollveranstaltungen, die Unterbringung von Staatsgästen in Hotels usw. angemietet.
Die Anzahl der Bezirksstädte in der DDR und deren Entfernungen nach Berlin lassen den Leser schlussfolgern; Das Netz der “Regierungs- WTsch- Verbindungen” hatte
eine Gesamtlänge, die um ein Vielfaches größer war als 1700 km, wie man auf Webseiten lesen kann.
Ich bin dem Betreiber der Webseite SAS- und Chiffrier dankbar für die Einstellung des Beitrages „Aus der Konzeption für die Gewährleistung von WTsch-
Verbindungen im Verteidigungszustand“, unterzeichnet vom Chef Nachrichten des MfS, Generalmajor Zukunft. Dort heißt es u.a.
1. Grundlage der WTsch-Verbindungen im Verteidigungszustand ist
das bestehende stationäre WTsch-Netz welches solange voll be-
triebsfähig zu erhalten ist, wie es die Situation zulässt.
Um die Verwundbarkeit der Verbindungen von Station zu Station
weitgehendst zu mindern, ist bereits in Friedenszeiten auf
die Kanalbereitstellung im staatlichen Nachrichtennetzes Ein-
fluß zu nehmen.
Sind zwischen zwei Stationen zwei oder mehrere Kanäle ge-
schalten, so sind dort wo es möglich ist, verschiedene Kabel-
wege zu nutzen.
... in Friedenszeiten auf die Kanalbereitstellung im
staatlichen ..., bedeutet, Einflußnahme auf die Lei-
tungsführung der Mietleitung in den Kabeln der DP.
Sind zwischen zwei Stationen zwei oder mehrere
Kanäle geschalten ..., ist bei der DP zu erwirken, dass
diese Kanäle (Mietleitungen) in unterschiedlichen
Fernmeldekabeln geschaltet sind.
Text / Erläuterung
Besucher aus England (2001) in den Räumen der
WTsch- Zentrale des Nachrichtenbunkers “Wostok”.
Viele Fragen dürften damit beantwortet sein, viele möge es noch geben. Das Netz der “Regierungs- WTsch-
Verbindungen” in der DDR stellte kein besonderes Netz dar. Es war kein DDR- weites “Fernkabelnetz” des
MfS, wie es gelegentlich so bezeich-net wird. Mit seinen Verbindungen, Stationen, Sprechstellen usw. war es ein
reines Kommunikationsnetz. In dieser oder jener Form leisten sich alle Länder dieser Welt ein solches Netz. Da-
mals wie heute sind die Betreiber Geheimdienste, erfüllen den Auftrag ihrer Regierungen als Nutzer. Die Informa-
tionsübertragung erfolgt gedeckt, relativ abhör- und zugriffssicher.
In der DDR wurde das Netz in Verantwortung des Ministeriums für Staatssicherheit errichtet, betrieben und unter-
halten. Entsprechend der hohen Sicherheitsstandarts war der Personalbestand ausgewählt, die Strukturen mit der
Abteilung Nachrichten beim MfS aufgestellt. Alle wussten es, respektierten die Arbeit der Spezialisten. Eine Über-
betonung des Geheimdienstes MfS im Netz oder das Hervorheben des einen oder anderen Elementes sind unge-
eignet für eine sachliche und vernünftige Aufarbeitung.
Ergänzend darf für Strausberg und damit das Ministerium für Nationale Verteidigung (MfNV) Erwähnung finden,
auch hier befand sich eine WTsch- Zentrale der „Regie-rungs- WTsch- Verbindungen”. Abgetrennt und spe-
ziell gesichert, inmitten von Betriebsräumen der Nachrichtenzentrale „Wostok“. Das Betriebspersonal war be-
kannt und berechtigt zum Betreten des Bunkers. Die Zentrale wurde mit Leitungen über die Übertragungsstelle der
Nachrichtenzentrale und die Kabeleinführung des Bunkers versorgt.