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Weimar “Neues Haus” ist NVA-Bunker “Rottdorf”, Deckname der Stasi
Bezug: Website www.stasibunker.de
Behauptung:
Titelzeile Thüringer Allgemeine Zeitung vom 12.02.1990: "Neues Haus" ist NVA-Bunker "Rottdorf", war Stasi-Deckname.
Antwort:
Zum Objekt "Neues Haus" in Weimar wurde und wird nach wie vor viel spekuliert, auch im Internet (z.B. NVA-Forum). Auch der oben wiedergegebene Titel eines Beitrages ist
falsch. Obwohl dieses Objekt bisher mehrfach Gegenstand von Veröffentlichungen im Zusammenhang mit dem Nachrichtensystem der NVA (siehe auch "Die militärische
Sicherheit der DDR im Kalten Krieg") war, soll hier vor dem Hintergrund operativer Pläne der NVA folgendes zusammengefasst und als Antwort vermittelt werden.
Im Verteidigungs- oder Kriegsfall wären die beiden Militärbezirke (MB) Leipzig und Neubrandenburg, sowie das Kommando der Landstreitkräfte (Kdo.LaSK) der NVA aufgelöst
worden. Die Feldanteile der MB stellten die 3. und 5.Armee, die im Bestand der 1.Front der Koalitionsstreitkräfte des Warschauer Vertrages, bestehend aus GSSD/WG und
NVA, zu handeln hatten. Die 3.Armee an der Süd- u. die 5.Armee an der Nordflanke/ Küstenstreifen, dazwischen 3 Armeen der GSSD/WG. Teile des Kdo.LaSK waren für die
Berliner Gruppierung vorgesehen.
Die territorialen Anteile der aufzulösenden MB stellten die territorialen Militärbezirke (siehe z.B. Kossa) dar, denen die Bezirke mit den Wehrbezirks- und Wehrkreiskommandos
der NVA unterstanden. Die territorialen MB waren dem MfNV unterstellt. Ihnen waren immense Aufgaben zum Schutz der Bevölkerung, von Objekten und Räumen am Boden
und aus der Luft, der Weiterführung der Volkswirtschaft und des Eingreifens bei Aufklärungs- und Diversionskräften des Gegners zugeordnet. Insbesondere trugen sie für die
Vorbereitung und Durchführung der militärischen Mobilmachung (Aufstellung und Ausbildung von Ersatz und Ausbildungsbrigaden) sowie bei der Koordinierung und Sicher-
stellung der Operationsfreiheit der auf ihren Territorien handelnden nationalen und verbündeten Streitkräften eine hohe Verantwortung. Dieser Verantwortung hatte das Nach-
richtensystem zu entsprechen.
Die Wehrbezirks und Wehrkreiskommandos der NVA bildeten den militärischen Bereich der im Führungs- und Nachrichtensystems der DDR vorgesehenen Bezirks- und Kreis-
einsatzleitungen (BEL / KEL). Im Verteidigungsfall bezogen diese vorbereitete Führungsstellen, die im Nachrichtensystem der NVA als Nachrichtenzentralen integriert waren.
Ohne diese hätten die Objekte die ihnen zugedachten Aufgaben nicht erfüllen können. Die Bezirkseinsatzleitung des Bezirkes Erfurt nutzte die Führungsstelle mit der Bezeich-
nung "Neues Haus". Fragen zu ihrer Nachrichtensicherstellung werden in dem Sachbuch „Die militärische Sicherheit der DDR im Kalten Krieg“ beantwortet. Die Lage der
Führungsstelle kann wie folgt beschrieben werden: gelegen am Süd-Westlichen Stadtrand von Weimar auf einer leichten Anhöhe, begrenzt von einer kleinen Gartensiedlung
und dem Feldrain.
Der Geländeabschnitt der Führungsstelle stellte eine kleine Gartenkolonie dar. Sie war mit drei Bungalows. z.T. mit Pool bebaut. Ihre Nutzung erfolgte regelmäßig, überwiegend
als Wochenendgrundstücke. Die Besitzer dieser Bunga-low waren Verantwortungsträger und wussten um die Bedeutung der Anlage. Der Zugang in die Führungsstelle erfolgte
über eine "Autogarage". Unweit des Geländes befand sich während der Nazizeit die Wohnvilla des Gauleiters. Die ehemalige Existenz der Führungsstelle "Neues Haus" ist das
Produkt eines "Programm über die Errichtung von geschützten Führungsstellen im Zeitraum von 1971-1980 zur Gewährleistung der politischen, militärischen und staat-lichen
Führung in Spannungsperioden und im Verteidigungszustand“, welches am 21.November 1968 vom NVR (Nationaler Verteidigungsrat) der DDR beschlossen wurde. Dieses
Programm ist das erste große Programm zum Bau von Bunkern in der DDR.
Im Vorwort des Buches "Atombunker Kalter Krieg Programm Delphin" wird dem Bunkerbauprogramm die Bezeichnung "Programm Delphin" zugeordnet, Zitat Seite 10: Das
Programm “DELPHIN” ist nicht der Beginn des Bunkerbaus in der DDR, aber das erste Programm zum Bau von Bunkern. Zitat Ende. Mit einem Faksimile auf Seite 28 be-
gründet der Autor seine Aussage. Doch diese ist falsch. Das Faksimile verzerrt die Darstellung. Das es sich hierbei nur um einen Vorschlag handelt, der im NVR weder beraten,
diskutiert noch beschlossen wurde, wird dem Leser verschwiegen. Bleibt nur die Feststellung, ein Programm “DELPHIN” zum Bau von Bunkern gab es in der DDR nicht !. Die
Aussage des Zitates und damit auch des Buchtitels ist und bleibt falsch. Das kann sich der Autor drehen und wenden wie er will, mich auch als “Fachgreis”, gelegentlich auch
als “oberklug” bezeichnen. Alt oder klug muss man nicht sein, um das zu verstehen. (neue Erkenntnisse aus 2010 oder mehr ...)
Im Programm für den Zeitraum von 1971-1980 wurden die zu errichtenden Bunkeranlagen eingeordnet, geplant und erforderliche Investitionsmittel bereitgestellt. Für die Errich-
tung der Führungsstelle der BEL Erfurt "Neues Haus" in Weimar wurde der Zeitraum von 1976-1980 vorgesehen. Der Investitionsaufwand wurde in Höhe von 144 Mio. Mark
geplant.
Analog zum Bezirk Erfurt hatten alle anderen Bezirke der DDR ihre vorbereiteten Führungsstellen für die im Führungssystem der DDR vorgesehenen Bezirkseinsatzleitungen.
Bunkeranlagen des MfS wie z.B. in Machern, Halle/S, Bad Berka u.a. stellten keine Führungsstellen für BEL dar. Bei diesen Anlagen handelte es sich um interne Führungsstel-
en des MfS, die auch operative Gruppen von BEL aufnehmen konnten.
In keinem der o.a. Programme, noch in anderen Sitzungen des NVR waren diese Anlagen Gegenstand der Tagungsordnungen. Der NVR der DDR befasste sich nur mit der
Planung und Errichtung von Bunkeranlagen der zentralen Ebene, einschließlich der BEL.